Buchveröffentlichung: Corona und Gesellschaft – Soziale Kämpfe in der Pandemie

Beim Mandelbaum Verlag ist im November 2021 unser Buch erschienen  – wir freuen uns!

Hier gehts zur Leseprobe samt Inhaltsverzeichnis.

Wie können wir protestieren, wie uns austauschen und handlungsfähig bleiben, wenn ein Virus scheinbar alle eingespielten Alltage und lebenswichtige Prozesse zum Erliegen bringt? Klar ist: Kämpfen müssen wir weiterhin oder sogar mehr denn je. Abschiebungen finden weiterhin statt, Zwangsräumungen auch. Die einen verlieren ihre Jobs oder laufen durch Kurzarbeit auf Sparflamme, während die Kassen der Immobilienbesitzer*innen klingeln. Wie schnell Hilfseinrichtungen wie Obdachlosenunterkünfte und Suppenküchen auf der Prioritätenliste nach unten rutschen können, wenn sie zunächst ohne Ersatz schließen, wurde uns vor Augen geführt. Kurzum: Wer von der Corona-Politik geschützt wird, ist umkämpft.
In diesem Buch wollen wir neben Beiträgen des Blogs Corona-Monitor neue Texte versammeln, die aus sozialwissenschaftlicher bzw. aktivistischer Perspektive politische und alltagspraktische Aspekte der Pandemie beleuchten. Die Autor*innen leisten einen Beitrag zur Einordnung der Corona-Politiken – und für die Suche nach linken Interventionen und solidarischen politischen Praxen in der Krise und für danach.

Wir freuen uns über Rückmeldungen. Für Rezensionen meldet Euch gerne bei uns oder derm Verlag.

Der Sammelband ist mit freundlicher Unterstützung der Assoziation kritische Gesellschaftsforschung (AkG) sowie der Stiftung Menschenwürde und Arbeitswelt entstanden.

 

Gefährliche Orte

Über die stadtpolitische Lokalisierung der Corona-Krise in Göttingen und Berlin

Louisa Bäckermann, Peter Birke

In diesem Beitrag diskutieren Louisa Bäckermann und Peter Birke den lokalen staatlichen Umgang mit COVID-19-Masseninfektionen in sogenannten sozialen Brennpunkten: Ausgewertet wird die Medienberichterstattung über zwei Fälle in Göttingen und einen Fall in Berlin (Neukölln). Der Beitrag wird durch eine kritische Perspektive kontextualisiert, die erstens nach der Bedeutung von Gentrifizierungsprozessen und „kleinräumiger Polarisierung“ in Bezug auf die untersuchten Fälle fragt, und zweitens diskutiert, inwiefern sich dies mit einem strukturellen Rassismus verbindet. Der Text wirft dabei (zum Weiterdiskutieren) grundlegende Fragen zur Stadtpolitik unter dem Eindruck der Pandemie auf, die noch wenig bearbeitet wurden. Die Autor*innen fragen am Ende auch nach der Bedeutung linker, kritischer stadtpolitischer Initiativen, wie sie vor allem in der Solidaritätskampagne für die „Groner 9“ in Göttingen zum Ausdruck gekommen sind.

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#ZeroCovid – Das Ziel heißt Null Infektionen! Für einen solidarischen europäischen Shutdown

Im Folgenden dokumentieren wir den Aufruf der Kampagne ZeroCovid – Das Ziel heißt Null Infektionen! Für einen solidarischen europäischen Shutdown, weil wir ihn in der aktuellen Situation für einen wichtigen Impuls hin zu einer solidarischen Bekämpfung der COVID-19-Pandemie halten.

Weitere Informationen und Möglichkeiten zur Teilnahme an der Kampagne findet ihr auf zero-covid.org

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Wie die Corona-Pandemie die Macht der Meinungsmache beweist

Und wie gefährlich das für unsere Demokratie ist 

Stefan Matern

Anhand des Vaters der Public Relations, Edward Bernays (1891-1995), und des wohl einflussreichsten Publizisten des 20. Jahrhunderts in den USA, Walter Lippmann (1889-1974), wird das Spannungsverhältnis zwischen Wissenschaft, PR und Propaganda in der Corona-Pandemie nachgezeichnet. Das Fallbeispiel der Gangelt-Studie und die daraus resultierende Diskursverschiebung, bestärkt durch die manipulativen Situationsdefinitionen von Verschwörungsmythen, sowie die fehlerhafte Wahrnehmung von Mehr- und Minderheiten, illustriert dabei die Gefahr für die Demokratie.

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Bio-Macht, Staatsrassismus und unterworfenes Wissen in Zeiten von COVID-19

Çağan Varol

Nach einer kurzen theoretischen Einführung des Bio-Macht-Konzepts und der Rassismusanalyse von Michel Foucault, wird im Artikel auf Praxisbeispiele eingegangen, die sich in den letzten Jahren und vor allem während und kurz vor der Pandemie ereignet haben, wie das Massaker von Hanau und die Ermordung von George Floyd. Auch werden andere lokale Ereignisse angesprochen, um die Dis-/Kontinuitäten in der Wahrnehmung von Rassismus zu verdeutlichen. Die Covid-19-Pandemie hat zusätzlich dazu beigetragen, dass sich die Situation der marginalisierten nochmals verschärft hat.

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Wenn Alltagsorte und soziale Routinen wegbrechen

Die Auswirkung von Covid-19 auf die Leben junger Geflüchteter und Asylsuchender in Leipzig

Elisabeth Kirndörfer

Mit der Ausbreitung des Corona-Virus wurde schnell klar, dass wir unsere Arbeit im HERA-geförderten Forschungsprojekt zu den „Alltagserfahrungen junger Geflüchteter und Asylsuchender im öffentlichen Raum“[1] anpassen müssen: Im Zentrum des Projekts stehen die Erfahrungen, die junge Geflüchtete im öffentlichen Raum machen und die Art und Weise, wie sie ihn mitgestalten und sich aneignen. Die Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen wirbelten unser Forschungsfeld und -vorhaben durcheinander: Der öffentliche Raum? „Kein Leben mehr auf der Straße!“, so einer unser Gesprächspartner. Der Kern unserer Forschung – direkte Gespräche mit jungen Geflüchteten und Asylsuchenden, Erzählspaziergänge, Storytelling-Workshops – all dies fiel zunächst aus. Im internationalen Team beschlossen wir daher unseren Fokus auf die Krise zu richten und basierend auf einer Telefonbefragung unter Aktiven in Geflüchteteninitiativen auf die besonders schwierige Situation geflüchteter Menschen in der Corona-Situation hinzuwiesen. Ergänzen konnten wir dieses Material mit den Perspektiven junger Geflüchteter und Asylsuchender, mit denen wir uns im Rahmen von „Online-Interviews“ austauschten. So froh wir über diese Möglichkeit des In-Kontakt-Bleibens und -Tretens waren, so überzeugt sind wir auch, dass diese Kommunikationsform Grenzen hat, besonders wenn es um sensible Themen und Gefühlslagen geht. Dennoch denken wir, dass diese „Mini-Erhebung“ einen wichtigen Beitrag zur aktuellen Debatte leistet. Sie zeigt einerseits, wie empfindlich die Krise die tagtägliche „Arbeit am Ankommen“, die junge Geflüchtete und Asylsuchende leisten, getroffen hat. Andererseits, wie sehr sich ein staatliches System, das Geflüchtete und Asylsuchende politisch, sozial und räumlich marginalisiert, sich auf die Arbeit von Initiativen und Vereinen, die junge Menschen mit Fluchtbiografie unterstützen, verlässt.

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Solidarität in pandemischen Zeiten. Ein Gespräch.

Martin Thiele und Klemens Ketelhut

Aktivist*innen aus queeren Kontexten haben verschiedentlich darauf hingewiesen, dass sich Parallelen zwischen der aktuellen Coronapandemie und dem Aufkommen von AIDS in den 80er Jahren ziehen lassen. Das folgende Gespräch über Gemeinsamkeiten und Unterschiede, über Wissen aus der damaligen Situation, mit dem wir uns heute wieder befassen sollten, und über Solidarität haben Martin Thiele (AIDS-Hilfe Halle/Sachsen-Anhalt Süd) und Klemens Ketelhut (Erziehungswissenschaftler und Soziologe) im Mai 2020 online geführt.

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Der unterbrochene Rechtsruck in der Corona-Krise?

Vier Thesen zur Dynamik autoritärer Bewegungen und Parteien während der Pandemie

Daniel Keil

Der Beitrag versucht eine Einschätzung des Agierens rechter Akteure in der Corona-Krise, ausgehend von den fallenden Zustimmungswerten für rechte Parteien in weiten Teilen Europas. Es werden vier Thesen entwickelt, die zur weiteren Diskussion einladen sollen: erstens, dass die programmatische Ambivalenz rechter Parteien in der Corona-Krise von einem Faktor des Erfolgs zu einem Faktor des Abschwungs wird, zweitens dass die europäische Ebene derzeit keine Synergie-Effekte bietet, drittens, dass die heterogene Rechte deshalb einen neuen ideologischen Vereinheitlicher sucht, und viertens dass die Entwicklung und Stärke rechter Parteien nach der Corona-Krise nicht determiniert ist, sondern von der weiteren Entwicklung der Kräfteverhältnisse abhängig ist.

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